Wetzlar: Dom Unserer Lieben Frau
Wenn man vom Wetzlarer Dom spricht, muss man wissen, dass es sich bei dieser ab 1230 erbauten Kirche eigentlich „nur“ um eine Stiftskirche handelt. Diese zählt heute – nach Einführung der Reformation in der Stadt 1561 durch einen Vertrag zwischen den Stiftsherren und den Bürgern – zu den ältesten Gotteshäusern, die gleichzeitig von katholischen und evangelischen Christen genutzt werden. Nach etlichen Streitereien im Laufe der Zeit wurden beide Kirchengemeinden erst 1978 durch einen Eintrag im Grundbuch zu gleichberechtigten Eigentümerinnen. Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass die Marienkirche nie eine Bischofskirche war, sich die Bezeichnung „Dom“ aber im 17. Jh. nach Übernahme des Amtes des Stiftsprobstes durch den Erzbischof von Trier, Karl Kaspar von der Leyen, durchsetzte.
Vermutlich bestand auf dem exponierten Platz bereits Mitte des 9. Jh. eine Kirche, bevor 879 eine neue Basilika durch Bischof Rudolf von Würzburg geweiht wurde. Schon bald gründete sich ein Marienstift. Im auslaufenden 12. Jh. wurde auf dem Grundriss der Stiftskirche dann eine spätromanische Pfeilerbasilika errichtet. Bereits 1230 begann man mit dem Bau der jetzigen Kirche, unter anderem auch, um mehr Platz für die Altäre der Stiftsherren zu bekommen. Dabei war es üblich, den Neubau um das bisherige Gebäude herum zu errichten. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass aus der ursprünglich geplanten spätromanischen Basilika eine frühgotische Hallenkirche entstand. Aufgrund finanzieller Nöte kam es immer wieder zum Stillstand der Arbeiten. Nach Wiederaufnahme fanden Einflüsse anderer Bauhütten in das Gesamtwerk Einzug, sodass verschiedene Baustile wie Früh-, Hoch- und Spätgotik in den einzelnen Abschnitten noch heute erkennbar sind. Schließlich wurde die alte, sich noch auf der Baustelle befindliche Kirche abgerissen, Ausnahmen bildeten der Chor und die Seitenkapellen. Um 1336 wurden die Fundamente für die Westfassade mit zwei mächtigen Türmen gelegt. Erst gegen Ende des 14. Jh. wurde dieses Westwerk fertiggestellt. In dieser Zeit ist auch der Lettner entstanden, der bis 1945 den Chor vom Langhaus trennte. Der Südturm wurde erst rund 100 Jahre später vollendet, der Nordturm blieb bis auf das Untergeschoss, das wohl einmal die Taufkapelle beherbergen sollte, unvollendet. Noch heute steht dort der alte Turm mit dem Heidenportal auf der „Baustelle“.
Nach der Aufhebung des Stifts 1803 ließ die evangelische Gemeinde 1837 die Kirche renovieren und entfernte dabei alle 21 Nebenaltäre. Eine umfassende Sanierung, die durch eine Lotterie und großzügige Spenden finanziert wurde, erlebte der Dom im Zeitraum 1903-1910.
Für Jakobspilger sind zwei Darstellungen des heiligen Jakobus von Interesse. Zum einen kann man eine nicht zum ursprünglichen Ensemble gehörende und wohl von einem zurückgekehrten Pilger gestiftete Statue auf der rechte Seite des Turmportals entdecken. Zum anderen befindet sich eine weitere Statue auf der rechten Seite des Hauptportals.